Ernährungsstrategien zur Förderung der Darmgesundheit

Emili Barba
18-Feb-2019 (vor 6 Jahre 2 Monate 1 Tage)

Dieser Artikel enthält eine umfassende Zusammenstellung von Strategien, die sich vor allem auf Inhaltsstoffe und Zusatzstoffe beziehen, aber auch andere Ernährungsstrategien umfassen, die für das Management der Darmgesundheit von Interesse sein könnten. Zum besseren Verständnis der Wirkmechanismen und der zu erwartenden Effekte jeder einzelnen Strategie haben wir die Ernährungsstrategien nach deren vier Hauptwirkmechanismen eingeteilt, die in den nächsten Artikeln detailliert besprochen werden: Stärkung der Immunantwort, Reduzierung der Erregerlast, Stimulierung einer der Darmgesundheit zuträglichen Mikrobiota und Förderung der Verdauung (Tabelle 1). Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass manche dieser Strategien ihre Wirkung multifaktoriellen Effekten verdanken, sodass sie in mehreren verschiedenen Wirkmechanismen aufscheinen.

Tabelle 1. Einteilung der Hauptwirkmechanismen der verschiedenen Strategien zur Verbesserung der Darmgesundheit.

Potenzierung von Immunantwort und Barrierefunktion Reduzierung pathogener Bakterien Stimulierung einer der Darmgesundheit zuträglichen Mikrobiota Förderung von Verdauung und Nährstoffverwertung
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren Fermentierbare Faserstoffe Fermentierbare Faserstoffe Fermentierbare Faserstoffe
Probiotika Protein- reduzierung Proteinreduzierung Proteinreduzierung
Präbiotika Fermentiertes Futter Fermentiertes Futter Fermentiertes Futter
Synbiotika Rationen mit geringer Pufferkapazität Probiotika Rationen mit geringer Pufferkapazität
Nukleotide Probiotika Präbiotika Reduzierung antinutritiver Faktoren
Bioaktive Proteine und Peptide Präbiotika Synbiotika Probiotika
Aminosäuren Synbiotika Anorganische und organische Säuren Synbiotika
Phytobiotika Anorganische und organische Säuren Enzyme Anorganische und organische Säuren
Spurenelemente Bioaktive Proteine und Peptide Enzyme
Phytobiotika Nukleotide
Spurenelemente Bioaktive Proteine und Peptide
Aminosäuren
Spurenelemente

Funktionelle Zusatzstoffe

Probiotika: Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die für den Wirt nutzbringend sind, wenn sie in geeigneter Form und Menge aufgenommen werden. Die zurzeit in der Schweineproduktion am häufigsten eingesetzten Probiotika gehören zu den Gattungen Bacillus, Lactobacillus, Bifidobacterium, Enterococcus und Saccharomyces. Diese Probiotika besitzen Berichten zufolge die Fähigkeit, die Immunantwort zu stärken, die Population an pathogenen Bakterien zu reduzieren und die nützliche Mikrobiota zu stimulieren sowie die Verdauung zu fördern.

Präbiotika: Dabei handelt es sich um unverdauliche Futterinhaltsstoffe, von denen das Wirtstier dadurch profitiert, dass sie das Wachstum oder die Aktivität eines Bakteriums (bzw. einer begrenzten Anzahl von Bakterien) im Darm selektiv stimulieren. Die am häufigsten bei Schweinen eingesetzten Präbiotika sind Mannan-Oligosaccharide (MOS), Fructo-Oligosaccharide (FOS), Inulin und Lignozellulose.

Synbiotika: Dies ist eine spezifische Mischung von Pro- und Präbiotika, wobei die Präbiotika das Überleben sowie die Implantation und Funktion der probiotischen Mikroorganismen verbessern. Es handelt sich dabei um ein Konzept, das in der Schweineproduktion noch nicht in signifikanter Art und Weise umgesetzt wird, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass die Wirkungen und Synergien dieser Substanzen stark von äußeren Bedingungen beeinflusst werden können. Dennoch gewinnen Synbiotika in letzter Zeit zunehmend an Beliebtheit, da die Techniken der Molekularanalyse sehr zum besseren Verständnis der Synbiotika und deren Funktionen beitragen. Einige der bisher bei Schweinen eingesetzten Kombinationen sind FOS und Lactobacillus paracasei (Bomba et al., 2002) oder Inulin mit Enterococcus faecium (Bohmer et al., 2005).

Organische Säuren (und deren Salze): Diese energetischen Produkte werden der Tiernahrung hinzugefügt, da sie hoch verdaulich sind, ansäuernde Wirkung haben, die Verdauungsfunktion stimulieren und antimikrobiell wirken sowie eine der Darmgesundheit zuträgliche Mikrobiota fördern. Die am häufigsten als Futterkonservierungsstoffe verwendeten Säuren sind Ameisensäure und Propionsäure, während Essigsäure, Buttersäure, Zitronensäure und Fumarsäure häufig bei Ferkeln eingesetzt werden, um das Auftreten von Durchfällen nach dem Absetzen zu verhindern, die Verdauung zu verbessern und pathogene Bakterienpopulationen zu reduzieren.

Enzyme: Exogene Enzyme werden der Ration hinzugefügt, da sie über das Potenzial verfügen, die Verwertung der im Futter enthaltenen Nährstoffe zu verbessern sowie das Mikrobiota-Profil des Darms positiv zu beeinflussen. Die am häufigsten verwendeten Enzyme sind Phytasen, Xylanasen, β-Glukanasen und Proteasen.

Nukleotide: Nukleotide sind die strukturellen Einheiten von zellulären Nukleinsäuren, Purin- und Pyrimidinbasen, die Komponenten der Desoxyribonukleinsäure (DNA) und Ribonukleinsäure (RNA) darstellen. Unter normalen Umständen werden Nukleotide vom Organismus entweder aus Vorläufern (Aminosäuren) synthetisiert oder sie entstehen durch den Abbau von im Futter enthaltenen Aminosäuren und Nukleotiden. In Phasen raschen Wachstums bzw. bei Krankheit, geringer Nährstoffzufuhr oder endogenen Störungen kann die Versorgung mit exogenen Nukleotiden von Vorteil sein. Man ist der Ansicht, dass diese die Immunantwort modulieren und die Verwertung von Nährstoffen verbessern können.

Bioaktive Proteine und Peptide: Dabei handelt es sich um Proteine oder deren Bestandteile, die in der Lage sind, eine starke antimikrobielle Wirkung sowie andere spezifische biologische Aktivitäten zu entfalten. Von besonderer Bedeutung für die Darmgesundheit sind vor allem:

Aminosäuren: Der Einsatz kristalliner Aminosäuren ermöglicht die Reduzierung des Rohproteingehalts des Futters (eine Ernährungsstrategie zur Verbesserung der Darmgesundheit) und deckt das "ideale" Proteinprofil genauer ab. Zudem spielen Aminosäuren wie Threonin, Glutamin, Arginin und Serin aufgrund ihrer Fähigkeit, den intestinalen Metabolismus und die intestinale Architektur zu beeinflussen, eine wichtige Rolle für die Darmgesundheit.

Phytobiotika: Dazu zählen aromatische Pflanzen (Kräuter und Gewürze), Pflanzenextrakte und flüchtige Fettsäuren. Das zentrale aktive Wirkprinzip beruht auf flüchtigen Fettsäuren (Thymol, Zimtaldehyd, β-Ionone und Carvacrol) und Polyphenolen. Phytobiotika wird die Eigenschaft zugesprochen, die Immunantwort sowie die intestinale Mikrobiota modulieren zu können (mit antimikrobieller Wirkung gegen pathogene Bakterien).

Spurenelemente: Sie werden in minimalen Mengen zur Unterstützung des Wachstums sowie der Entwicklung und optimalen Funktion des Organismus benötigt. Die im Hinblick auf die Darmgesundheit wichtigsten Spurenelemente sind Zink und in geringerem Maße Kupfer; beide sind für viele Stoffwechselprozesse erforderlich. Der Zusatz von Zinkoxid (ZnO) in großen Mengen (2000-3500 mg/ kg Futter) kann die Darmgesundheit dadurch verbessern, dass die Erregerlast reduziert wird und Verdauung, Barrierefunktion des Darms und Immunsystem des Tieres verbessert werden. Allerdings wird Zinkoxid aufgrund der Umweltproblematik im Zusammenhang mit konventionellem ZnO immer weniger eingesetzt. Derzeit wird mit mikroverkapseltem ZnO eine neue, verbesserte Formulierung angeboten, die bei geringerer Dosierung bessere therapeutische Wirkung haben soll.

Funktionelle Inhaltsstoffe

Fermentierbare Faser: Ein erhöhter Gehalt an fermentierbarer Faser im Futter liefert ein Substrat für die Fermentierung der Bakterien im Colon. Der Nutzen davon besteht in der komplexeren Bakterienpopulation, der höheren Produktion von kurzkettigen Fettsäuren in situ und in Modifikationen im Verdauungstrakt und bei der Integrität der Darmschleimhaut.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren: Die Supplementierung der Ration mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, insbesondere omega-3-Fettsäuren (z.B. Fischöl oder Leinsamenöl) kann hinsichtlich des Immunsystems von Nutzen sein, da diese Substanzen strukturelle Komponenten von Zellmembranen sowie von Signalmolekülen und Vorläufern der Eicosanoidsynthese sind (Eicosanoide sind Promotoren von Entzündungsvorgängen).

Proteine mit hohem biologischem Wert und hoher Verdaulichkeit: Hochverdauliche und schmackhafte Proteinquellen werden in großem Ausmaß für Ferkel- und Jungtierfutter verwendet, und zwar nicht nur wegen des hohen Nährwertes, sondern auch wegen ihres positiven Einflusses auf die Darmgesundheit.

Modifikationen der Futterration

Anpassung des Proteingehalts: Die Reduzierung des Proteingehalts im Futter reduziert die Anzahl der zur Proteinfermentation fähigen Bakterien, sodass sich die Menge an Krankheitserregern und somit die Entzündung der Darmschleimhaut verringert. Wenn man allerdings den Proteingehalt auf weniger als 180 g/kg reduziert, muss die Ration mit synthetischen Aminosäuren supplementiert werden.

Vorfermentiertes Futter: Von besonderem Interesse ist hier vorfermentiertes Flüssigfutter. Die Fermentierung durch Milchsäurebakterien verbessert die Verfügbarkeit der Nährstoffe und moduliert Berichten zufolge auch die Immunantwort und die intestinale Mikrobiota.

Futter mit geringer Pufferkapazität: Dabei handelt es sich um Futter mit geringer Fähigkeit zur Blockierung der Magensäure, insbesondere in Verbindung mit mineralischen Inhaltsstoffen und Proteinkonzentraten. Diese Rationen sind besonders bei Jungtieren mit begrenzter Ansäuerungskapazität von Nutzen, da sie unter anderem die Anzahl an pathogenen Keimen verringern und die Verdauungkapazität verbessern.

Reduzierung des Anteils an antinutritiven Faktoren: Als antinutritive Faktoren bezeichnet man jene Substanzen in Gemüse, die die Nahrungsaufnahme verringern und die Verdaulichkeit reduzieren bzw. die Viskosität des Futters erhöhen. Es gibt aber derzeit aufbereitete Gemüsekonzentrate am Markt, die nahrhafter sind und weniger antinutritive Faktoren enthalten, z.B. hydrolysierte Proteinkonzentrate aus Soja.